Das kirchliche Arbeitsrecht gehört abgeschafft oder ist mindestens zu begrenzen, so ist es in Politik und Öffentlichkeit mitunter zu vernehmen. Der Koalitionsvertrag spricht dabei nicht von Abschaffung oder Begrenzung, sondern er enthält einen gemeinsamen Prüfauftrag. Dort heißt es: „Gemeinsam mit den Kirchen prüfen wir, inwiefern das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht angeglichen werden kann. Verkündungsnahe Tätigkeiten sollen dabei aber ausgenommen bleiben“. Mit „verkündungsnahen Tätigkeiten“ wird von Seiten der Kritiker zumeist der Bereich der Verkündigung1 des Evangeliums und die Feier des Gottesdienstes gemeint, für die weiter eigene Regeln gelten können sollen. Nicht aber etwa für den Bereich der Caritas oder Diakonie. Hier wird oftmals davon ausgegangen, die Kirchen seien Arbeitgeber wie jeder andere. Deshalb müssten sie sich auch denselben Regeln unterwerfen, die für ihre Konkurrenten gelten.
Grundsätzliches – Sendungsauftrag der Kirche und verfassungsrechtliche Gewährleistungen
Diese Darstellung übersieht das Eigentliche: Das Proprium der Kirchlichen Einrichtungen, ihr eigenes Profil und ihren Daseinszweck. Die Kirche unterhält ihre Einrichtungen nicht um ihrer selbst willen. Sie ist als Institution kein Selbstzweck, sondern ruht auf dem Sendungsauftrag Jesu. Der Sendungsauftrag bedeutet, dass sich die Kirche aktiv der Welt zuwenden und das Reich Gottes als ein Reich der Gerechtigkeit, des Friedens, der Freude und der Hoffnung in ihr, wenn auch immer nur anfanghaft, gegenwärtig machen soll. Die Erfüllung des Sendungsauftrags geschieht dabei in vier Grundvollzügen (1) durch die Verkündigung des Evangeliums (Martyria), (2) durch die Feier des Gottesdienstes (Leiturgia), (3) durch tätige Nächstenliebe (Diakonia) und (4) durch die gelebte Gemeinschaft (koinonia). Alle vier Grundvollzüge sind zur Erfüllung des Sendungsauftrags gleichermaßen bedeutend und aufeinander bezogen. In der Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GrO)2, der Arbeitsverfassung der katholischen Kirche in Deutschland, die für die Mitarbeitenden in der Katholischen Kirche und ihrer Caritas gilt, heißt es deshalb: „Diese Grundvollzüge bedingen sich gegenseitig, sind untrennbar miteinander verbunden und haben denselben Stellenwert“ (Artikel 2 Absatz 4, Satz 3 GrO). Es ist daher aus theologischer Perspektive defizitär, wenn die kircheneigene Regelungsbefugnis nur auf eine oder zwei der genannten Grundvollzüge begrenzt werden soll. Das Tatzeugnis steht theologisch nicht hinter der Wortverkündigung zurück. Die sozial-karitative Tätigkeit der Kirche ist damit aber nicht nur ein sozialer Vorgang, sondern sie hat eine religiöse Dimension, sie ist nicht „nur“ Menschenliebe, sondern Ausdruck der Liebe Gottes zu den Menschen und Gottesliebe. Durch diese religiöse Dimension ihres Auftrags und die religiös begründete gemeinnützige Ausrichtung ihres Wirkens unterscheiden sich die kirchlich-caritativen Einrichtungen damit auch von anderen staatlichen, gemeinnützigen und privaten Einrichtungen. So führt auch das Bundesverfassungsgericht aus: „Die von der Verfassung anerkannte und dem kirchlichen Selbstverständnis entsprechende Zuordnung der karitativen Tätigkeit zum Sendungsauftrag der Kirche wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass andere Einrichtungen und anders ausgerichtete Träger im Sozialbereich ähnliche Zwecke verfolgen und – rein äußerlich gesehen – Gleiches verwirklichen wollen. Die religiöse Dimension ist insoweit das bestimmende Element der karitativen und diakonischen Tätigkeit, das sie von äußerlich vergleichbaren Tätigkeiten unterscheidet. Es ist das spezifisch Religiöse der karitativen und diakonischen Tätigkeit, das den Umgang mit Kranken und Benachteiligten prägt und der seelsorgerlichen und pastoralen Begleitung eine hervorgehobene Bedeutung beimisst.“3 Vom kirchlichen Arbeitsrecht werden also alle vier Grundvollzüge gleichermaßen umfasst.
Die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen, wie wir sie in Deutschland kennen, die korporative Religionsfreiheit und das kirchliche Selbstbestimmungsrecht, gewähren den Kirchen den Freiheitsraum, den sie benötigen, um eben die religiöse Dimension ihres Sendungsauftrags zu verwirklichen. Das kirchliche Arbeitsrecht als eine wesentliche Ausprägung der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen ermöglicht es den Kirchen dabei, durch Vorgaben struktureller Art, durch Personalauswahl und eine am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichtetes konsensuales Arbeitsrechtsregelungsverfahren die religiöse Dimension ihres Wirkens sicherzustellen und nach außen wie nach innen zu leben.
Die Kirche nimmt vor diesem Hintergrund ihr verfassungsrechtlich gewährleistetes Selbstbestimmungsrecht wahr. Dabei überprüft sie angesichts des geschilderten Sendungsauftrags ihr Selbstverständnis und passt erforderlichenfalls ihr Arbeitsrecht an. Das kirchliche Arbeitsrecht ist schon seit längerem in Bewegung.
Im folgenden werden daher die wesentlichen Änderungen und geltenden Regelungen im Katholischen Individualarbeitsrecht beschrieben (A.) Anschließend folgt mit Blick auf das kollektive Arbeitsrecht eine Darstellung des Arbeitsrechtsregelungsverfahrens des Dritten Weges und der hier erzielten Ergebnisse (B.), bevor abschließend auf die betriebliche Mitbestimmung im katholischen Bereich und den Stand der Überlegungen zur Unternehmensmitbestimmung näher eingegangen wird (C.).
A. Katholisches Individualarbeitsrecht
Im kirchlichen Individualarbeitsrecht sind in den zurückliegenden Jahren einige grundlegende Änderungen erfolgt.
I. Änderungen der Grundordnung des kirchlichen Dienstes
So hatte die Katholische Kirche bereits durch die Änderung ihrer Grundordnung zum 01. Januar 2016 erste Reformschritte im kirchlichen Individualarbeitsrecht vollzogen. Seit dieser Zeit erfolgte beispielsweise bereits in weiten Teilen der Kirche und ihrer Caritas keine Kündigung wiederverheiratet Geschiedener oder wegen des Eingehens einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft mehr. Der Düsseldorfer Chefarztfall, dem 2009 noch wegen Wiederheirat gekündigt worden war4, ist in der Öffentlichkeit in Unkenntnis der Reform irrigerweise noch lange als kündigungsrelevantes Beispiel aufgeführt worden.
Von der Rechtsänderung im Jahr 2016 waren aber pastoral oder katechetisch tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aufgrund einer missio canonica (wie etwa Religionslehrerinnen und Religionslehrer) oder einer bischöflichen Beauftragung beschäftigt werden, ausgenommen. Dabei war klar, dass hier weiterer Diskussionsbedarf bestand. Es wurde bereits 2016 eine Arbeitsgruppe zur Bearbeitung des weiteren Reformbedarfs eingerichtet. Dieser wurde nicht nur hinsichtlich der Loyalitätsobliegenheiten gesehen, sondern er betraf weitere sehr grundlegende Aspekte. Das Ergebnis dieses weiteren Reformprozesses haben die katholischen Bischöfe mit der neuen Grundordnung am 22. November 2022 beschlossen.5 Die neue Grundordnung wurde umgehend, in der Regel bereits zum 01. Januar 2023, also etwa einen Monat später, in allen 27 (Erz-)Diözesen in Kraft gesetzt.
Was hat sich mit der neuen Grundordnung geändert?
Folgende 5 Punkte sind für das neue kirchliche Individualarbeitsrecht wesentlich:
1. Erstens: Der bereits 2016 eingeschlagene institutionenorientierte Ansatz wurde konsequent weiterentwickelt. Das Ergebnis ist ein Paradigmenwechsel. Nicht mehr der einzelne Mitarbeitende steht mit seiner persönlichen Lebensführung im Fokus bzw. für den Sendungsauftrag ein. Nach dem institutionenorientierten Ansatz wird nun konsequent auf die jeweilige Einrichtung geschaut, die ihren Anteil an der Erfüllung des Sendungsauftrags erfüllen soll. Die Grundordnung hält daher fest: Alle kirchlichen Einrichtungen sind sichtbare und erlebbare Orte der Kirche und dem Auftrag Christi verpflichtet. Verantwortung für das kirchliche Profil der Einrichtung tragen nun zuvorderst der Dienstgeber und seine Führungskräfte. Die Katholische Identität einer Einrichtung soll durch Leitbilder und eine christliche Organisations- und Führungskultur gestaltet werden. Es wird noch klarer als zuvor betont: Der Sendungsauftrag verbindet Dienstgeber und Dienstnehmer, die als Dienstgemeinschaft gemeinsam daran arbeiten, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag erfüllen kann. Der Dienstgeber ist daher in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden auf- und gefordert, das christliche Profil der Einrichtung fortwährend weiterzuentwickeln und zu schärfen. Und damit das nicht alles nur in der Theorie so ist, stellt die Grundordnung ausdrücklich klar: „Unerlässlich ist, dass das Profil nicht nur in Leitbildern und Konzepten verankert ist, sondern auch als christliche Kultur in den Einrichtungen von Leitung und Mitarbeiterschaft mitgestaltet, von allen mit Leben gefüllt und für die Menschen, die kirchliche Angebote wahrnehmen, erfahrbar wird.
2. Mit dem institutionenorientierten Ansatz einher geht zweitens eine weitere wichtige Botschaft: Der Kernbereich privater Lebensgestaltung eines Mitarbeitenden, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, bleibt rechtlichen Bewertungen entzogen. Damit ist jetzt für alle Beschäftigten im katholischen Bereich, also auch für die pastoralen und katechetischen Mitarbeitenden, die Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten und die Religionslehrerinnen und Religions-lehrer klar geregelt, dass ihr Beziehungsleben keiner arbeitsrechtlichen Sanktionierung unterliegt. Die Änderung der Grundordnung betrifft damit ausdrücklich auch die Mitarbeitenden in den Bereichen, die von außen als „verkündigungsnah“ betrachtet werden.
3. Drittens: Explizit wie nie zuvor wird Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen als Bereicherung in der neuen Grundordnung anerkannt. Es wird betont, dass alle Mitarbeitenden unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer dem Menschen dienenden Kirche sind. Sie alle sind Teil der Dienstgemeinschaft6.
4. Was hat sich viertens bei der Einstellung verändert? Die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche ist nur noch bei pastoralen und katechetischen Tätigkeiten relevant und bei Personen, die das katholische Profil der Einrichtung inhaltlich prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren. Darüber, bei welchen Aufgaben insbesondere letzteres der Fall ist, findet im Grundsatz eine überdiözesane Verständigung statt.
Von allen Mitarbeitenden wird im Rahmen ihrer Tätigkeit die Identifikation mit den Zielen und Werten der katholischen Einrichtung erwartet.
5. Was bleibt fünftens darüber hinaus bei der Einstellung und im bestehenden Dienstverhältnis arbeitsrechtlich relevant? Nicht eingestellt wird beziehungsweise im bestehenden Dienstverhältnis mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen rechnen muss, wer sich kirchenfeindlich betätigt. Kirchenfeindliche Betätigungen erfassen dabei Handlungen, die öffentlich wahrnehmbar sind und sich gegen die Kirche oder ihre Werteordnung richten. Dazu zählen beispielsweise das öffentliche Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche wie die Propagierung von Fremdenhass oder der Abtreibung, die Herabwürdigung von katholischen Glaubensinhalten, Riten oder Gebräuchen oder die Propagierung von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen, die im Widerspruch zu katholischen Glaubensinhalten stehen, während der Arbeitszeit oder im dienstlichen Zusammenhang, auch die Werbung für andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften.7
Auch der Austritt aus der katholischen Kirche ist im Regelfall ein Einstellungshindernis und führt im Beschäftigungsverhältnis im Regelfall weiterhin zur Kündigung. Dabei stellt, so wie es die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfordert, der Austritt keinen absoluten Einstellungs- oder Kündigungsgrund dar. Es gibt auch hier keinen Automatismus, sondern es findet eine Einzelfallprüfung statt, die nun im Lichte der neuen Grundordnung vorgenommen werden muss.8 Die Verhältnismäßigkeit der Reaktion ist zu wahren. Der sogenannte Hebammenfall ist ein solcher Ausdruck für eine im Lichte der Grundordnung vorgenommene Einzelfallprüfung, bei dem die Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses durch den katholischen Träger jüngst anerkannt wurde.9 Über die bei der Einzelfallprüfung zu berücksichtigenden Kriterien findet ebenfalls eine überdiözesane Verständigung statt.
Daneben wird innerkirchlich weiter – das ist kein Geheimnis – der Umgang mit dem Kirchenaustritt diskutiert, der aus theologischer Sicht aber nicht nur ein Austritt aus der Institution, sondern auch aus der gelebten Gemeinschaft ist. Kirche ist immer auch Gemeinschaft. Die Koinonia, die Teilhabe an der Gemeinschaft, ist wie oben erwähnt einer der Grundvollzüge der Kirche.
II. § 9 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
§ 9 AGG, der für Kirchen und Religionsgemeinschaften eine bereichsspezifische Ausnahme zum Verbot der unterschiedlichen Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung schafft, ist dabei mit der Änderung der Grundordnung nicht obsolet geworden. Denn um die oben beschriebenen, wenigen noch bestehenden Anforderungen bezüglich der Religionszugehörigkeit und der sogenannten Loyalitätsobliegenheiten stellen zu können, bedarf es in Anbetracht der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen und der auch in Artikel 10 der Grundrechtecharta der EU garantierten Autonomie der Kirchen weiter der Regelung des § 9 AGG. Diese sieht in Umsetzung von Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2000/78/EG für Kirchen und andere Religionsgemeinschaften eine über § 8 AGG hinausgehende Möglichkeit der Rechtfertigung einer zulässigen Unterscheidung wegen der Religion vor (siehe a. BAG, Urteil vom 25. Oktober 2018 – 8 AZR 501/14, Rz 12210). § 8 AGG enthält demgegenüber lediglich eine allgemeine Ausnahme vom Benachteiligungsverbot, die von Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2000/78/EG zugelassen wird und enger gefasst ist. Es geht daher fehl und ist auch europarechtlich nicht gefordert, die bereichsspezifische Ausnahme des § 9 AGG zu streichen, wie dies vereinzelt gefordert wird, und die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften auf die allgemeine Ausnahme des § 8 AGG zu verweisen.
Die oben erfolgten Ausführungen mögen auch verdeutlichen: der Inhalt des Ethos, das kirchliche Selbstverständnis und auch die Schwere des Verstoßes oder die Bedeutung der beruflichen Anforderung für das religiöse Ethos kann nicht durch den Gesetzgeber oder die weltlichen Gerichte vorgegeben werden, sondern muss der Definition der Kirche überlassen bleiben. Von Religionsfreiheit und Selbstbestimmungsrecht umfasst ist, dass die Formulierung des kirchlichen Propriums den Kirchen obliegt. Auf der ersten Prüfungsstufe obliegt den staatlichen Gerichten eine Plausibilitätskontrolle. Auch der Europäische Gerichtshof (EUGH) betont in seiner Egenberger-Entscheidung, dass in Art. 17 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und in Art. 10 der Charta der Grundrechte der EU die Autonomie der Kirchen anerkannt wird11 und die Mitgliedstaaten, ihre Behörden und insbesondere ihre Gerichte davon Abstand nehmen müssen, die Legitimität des Ethos der betreffenden Kirche als solchen zu beurteilen.12 Auf einer zweiten Prüfungsstufe findet dann die Abwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und den Interessen und Grundrechten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer statt. Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2000/78/EG bezweckt die Herstellung eines angemessenen Ausgleichs, falls diese Rechte im Widerstreit stehen sollten, wie der EuGH ausführt.13 Die Abwägung der unterschiedlichen Positionen unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Das Bundesverfassungsgericht aber hat betont, dass die Gerichte auch auf der Abwägungsebene die kirchlichen Maßstäbe für die Gewichtung der beruflichen Anforderung oder der vertraglichen Loyalitätsobliegenheiten zugrunde zu legen haben.14 Ansonsten besteht die Gefahr, dass das religiöse Ethos durch das gerichtliche Fremdverständnis ersetzt wird, wenn allein und ausschließlich das Gericht entscheidet, wann eine berufliche Anforderung für das religiöse Ethos wesentlich, rechtmäßig, gerechtfertigt und angemessen ist. Dies ist mit den Schutzinstrumenten religiöser Freiheit und staatlicher Säkularität nicht mehr vereinbar. Insoweit bleibt die anhängige Verfassungsbeschwerde der Diakonie Deutschland beim Bundesverfassungsgericht ausdrücklich abzuwarten. Gleiches gilt bezüglich einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu Fragen des Kirchenaustritts15.
Unbeschadet dieser noch weiter höchstrichterlich zu klärenden Rechtsfragen dürfte aber mit der Änderung der Grundordnung im Hinblick auf die aktuelle öffentliche und politische Diskussion ein nicht unerheblicher Beitrag zur Verständigung geleistet sein.
B. Der Dritte Weg der Katholischen Kirche im Arbeitsrecht
Im Fokus der öffentlichen und politischen Debatte steht auch der Dritte Weg der Kirchen im Arbeitsrecht. Die beiden großen Kirchen, so ist zu vernehmen, könnten doch ohne Weiteres auf den Dritten Weg verzichten und die Instrumente des Zweiten Weges wie Streik und Aussperrung akzeptieren. In den Hintergrund rückt dabei auch hier die religiöse Dimension des kirchlichen Dienstes sowie die im Dritten Weg erzielten guten Ergebnisse. Nachfolgend sollen daher die Grundlagen (I.), das Verfahren (II.) und die Ergebnisse des Dritten Weges der Katholischen Kirche im Arbeitsrecht (III.) näher erläutert und ein Fazit (IV.) gezogen werden.
I. Grundlagen des Dritten Weges
Das bestimmende Element der kirchlichen Tätigkeit, also auch ihres caritativen Wirkens, ist ihre religiöse Dimension. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Dritte Weg der Kirchen im Arbeitsrecht ermöglicht es den Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden, diese religiöse Dimension ihres Wirkens auch in den Formen des Arbeitsrechts zu leben und so ihren religiösen Sendungsauftrag nach innen wie nach außen zu erfüllen16.
An diesem religiösen Sendungsauftrag haben alle in den Einrichtungen der katholischen Kirche Tätigen Anteil, „gleich“ – wie es in Artikel 2 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes17, der Arbeitsverfassung der katholischen Kirche in Deutschland formuliert ist – „ob sie leitend oder ausführend beschäftigt sind und unbeschadet des Umstandes, ob es sich um Christen, andersgläubige oder religiös ungebundene Mitarbeitende handelt“. Sie arbeiten deshalb nach dem Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft zusammen, der Sendungsauftrag verbindet alle Mitglieder der Dienstgemeinschaft.18 Damit ist auch deutlich: mit dem Begriff der Dienstgemeinschaft ist keine arbeitsrechtliche Betriebsgemeinschaft gemeint, sondern die Gemeinschaft aller in der Einrichtung Tätigen, die sich in ihrem gemeinsamen Dienst für die Erfüllung des Sendungsauftrags der Kirche verbunden wissen. Das Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 Grundgesetz) und das kirchliche Selbstbestimmungsrecht (Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 Weimarer Reichsverfassung) ermöglichen den Kirchen, ihren Dienst nach diesem Leitbild zu gestalten.
Vor diesem Hintergrund geht der Dritte Weg von den Grundsätzen eines partnerschaftlichen und kooperativen Miteinanders von Mitarbeitenden und Dienstgebern aus. Er dient nicht dazu, etwaige Interessengegensätze zwischen Dienstgebern und Mitarbeitenden zu verschleiern, die natürlich auch bestehen. Sondern er erhebt den Anspruch, die Interessen von Mitarbeitenden und Dienstgebern im kirchlichen Dienst in einem konsensualen Verfahren zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Die Beachtung unterschiedlicher Interessen von Dienstgebern und Mitarbeitenden, deren streitige Behandlung und deren Ausgleich erfolgen in einer von Parität und Konsens geprägten Verhandlungsstruktur. In Artikel 9 der Grundordnung ist für den katholischen Bereich festgelegt: „Die zivilrechtlichen Arbeitsbedingungen im kirchlichen Dienst werden durch paritätisch von Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeitenden und der Dienstgeber besetzten Arbeitsrechtlichen Kommissionen ausgehandelt und beschlossen (Dritter Weg). Die Parität ist dabei in formeller wie materieller Hinsicht zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen ist durch das Konsensprinzip geprägt“. Im katholischen Bereich wird der Dritte Weg durchweg gewährleistet. Ein Aushandeln von Arbeitsbedingungen im Wege von sogenannten kirchengemäßen Tarifverträgen kennt die Grundordnung für den katholischen Bereich nicht.
II. Verfahren des Dritten Weges
1. Arbeitsrechtliche Kommissionen im Bereich von Caritas und verfasster Kirche
Dies bedeutet konkret: Für den Bereich der Caritas mit ihren von ca. 6200 Rechtsträgern getragenen, mehr als 25.000 Einrichtungen und Diensten und etwas mehr als 690.000 Mitarbeitenden ist die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes zuständig für die Gestaltung des kirchlichen Arbeitsvertragsrechts. Die Arbeitsrechtliche Kommission besteht aus einer Bundeskommission und aus sechs Regionalkommissionen.
Die Bundeskommission setzt sich aus je 28 Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeitenden und der Dienstgeber zusammen. Sie hat einen Vorsitzenden, der auf eine sachgerechte Beratung sowie Beschlussfassung hinwirkt, zur Neutralität verpflichtet ist und kein Stimmrecht hat. Ihm steht die ebenso zur Neutralität verpflichtete Geschäftsstelle der Arbeitsrechtlichen Kommission zur Seite.
Die Mitarbeiter- und die Dienstgeberseite der Kommission wird jeweils von Leitungsausschüssen geleitet, die aus jeweils sieben gewählten Mitgliedern bestehen. Diese Leitungsausschüsse bereiten gemeinsam die Sitzungen der Bundeskommission vor und erarbeiten Beschlussvorschläge. Zudem vertreten sie ihre jeweilige Seite nach außen. Beide Seiten verfügen über eigene Geschäftsstellen mit eigenen hauptberuflichen Beraterinnen und Beratern, die sie fachlich unterstützen.
Die Bundeskommission hat eine örtlich und sachlich bundesweit umfassende Regelungszuständigkeit für grundsätzlich alle Inhalte der Arbeitsvertragsrichtlinien – Mantelbestimmungen – sowie für die Festlegung von Bandbreiten für die Höhe aller Vergütungsbestandteile, des Umfangs der regelmäßigen Arbeitszeit und des Umfangs des Erholungsurlaubs (Entgeltbestimmungen). Das entspricht dem Ziel, für die Mitarbeitenden in der Caritas ein Grundgerüst gleicher Arbeitsbedingungen zu schaffen – unabhängig von der Region und vom Hilfebereich.
Für den Bereich der 27 (Erz-)Diözesen, also der verfassten Kirche, werden die Arbeitsbedingungen im Grundsatz entweder in einer paritätisch besetzten Kommission zur Ordnung des diözesanen Arbeitsvertragsrechts, die für ein (Erz-)Bistum zuständig ist (eine sog. Bistums-KODA), festgelegt, oder mehrere (Erz-)Bistümer haben sich regional zusammengeschlossen und für ihre Gebiete eine gemeinsame Kommission (Regional-KODA) geschaffen.
Zur Förderung und Aufrechterhaltung der Einheit des kirchlichen Arbeitsvertragsrechts und zur Sicherung der Glaubwürdigkeit des kirchlichen Dienstes wurde zudem auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz überdiözesan für die (Erz-)Bistümer und den Deutschen Caritasverband eine „Zentrale Arbeitsrechtliche Kommission (ZAK)“ gebildet, die von einer/einem Vorsitzenden und einer/einem stellvertretenden Vorsitzenden geleitet wird. Der/die Vorsitzende und der/die stellvertretender Vorsitzende werden von der Gesamtheit der Kommissionsmitglieder in zweijährigem Wechsel gemeinsam geheim gewählt; dabei wird der/die Vorsitzende einmal aus der Reihe der Dienstgebervertreter und das andere Mal aus der Reihe der Dienstnehmervertreter, der/die stellvertretende Vorsitzende aus der jeweils anderen Seite gewählt.19
2. Erfordernis qualifizierter Mehrheiten
Damit keine Seite sich auch nur knapp durchsetzen kann und Beschlüsse breit getragen werden, bedürfen Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommissionen einer qualifizierten Mehrheit. So ist es in Artikel 9 Absatz 2 GrO festgelegt20 Die Rahmenordnung für die Kommission zur Ordnung des diözesanen Arbeitsvertragsrechts (Rahmen-KODA-Ordnung)21 knüpft in der Folge eine Beschlussfassung der Kommissionen an eine Mehrheit von mindestens drei Viertel/zwei Drittel der Gesamtzahl ihrer Mitglieder.22 In Umsetzung dieser Rahmengesetzgebung hat der diözesane Gesetzgeber in der Regel vorgesehen, dass die Kommission Beschlüsse mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der Gesamtzahl ihrer Mitglieder fasst. Dies gilt ebenso für Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommissionen des Deutschen Caritasverbandes. In § 16 Absatz 1 der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes e.V. (AK-Ordnung) ist bestimmt, dass „Beschlüsse der Kommissionen von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen sowie Beschlüsse der Kommissionen nach § 9 Absatz 2 jeweils einer Mehrheit von drei Viertel ihrer Mitglieder“ bedürfen.23 Mit einfachen Mehrheiten können solche Regelungen also nicht beschlossen werden.
3. Verbindlichkeit der Beschlüsse
Mit der Beschlussfassung werden die Beschlüsse Bestandteil der Arbeitsvertragsrichtlinien. Die Beschlüsse werden durch den Diözesanbischof des jeweiligen Bistums kirchenrechtlich in Kraft gesetzt und erlangen so Rechtswirksamkeit.
Für die kirchlichen Dienstgeber gelten die durch die Arbeitsrechtlichen Kommissionen beschlossenen und vom Diözesanbischof in Kraft gesetzten Beschlüsse unmittelbar und zwingend. Sie haben auch sicherzustellen, dass diese Beschlüsse arbeitsvertraglich ordnungsgemäß in Bezug genommen werden. Die Mitarbeitenden haben Anspruch auf die Anwendung der einschlägigen kirchlichen Arbeitsvertragsordnungen, nach denen sich ihre zivilrechtlichen Arbeitsbedingungen richten.24 Für Streitigkeiten zwischen Dienstgebern und Mitarbeitenden über die wirksame Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsvertragsordnung in den Individualarbeitsvertrag sind kirchliche Schlichtungsstellen zuständig.25 Der Schlichtungsausschuss trifft in diesen Verfahren eine verbindliche Entscheidung, an die der Dienstgeber gebunden ist.26
4. Keine einseitige Kündigungsmöglichkeit
Im System des Dritten Weges erzielte Ergebnisse, insbesondere auch bezüglich der Vergütungen können, anders als auf dem Zweiten Weg, nicht gekündigt, Änderungen nur unter der Mitwirkung der Mitarbeitenden auf dem Verhandlungsweg erreicht werden. Damit wird ein tarifloser Zustand, der des Instrumentes der Nachwirkung mit individueller Abweichungsmöglichkeit bedürfte, ausgeschlossen.
5. Grundsatz der demokratisch legitimierten Repräsentation: gewählte Mitarbeitervertreter
Die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst am Zustandekommen der kirchlichen Tarifwerke in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen beruht auf dem Grundsatz der demokratisch legitimierten Repräsentation. Das heißt, dass die Vertreter auf der Mitarbeiterbank in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen entweder direkt durch kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder indirekt von den Mitarbeitervertretungen gewählt werden. In den Kommissionen sind damit jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer vertreten, ohne dass die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verband oder einer Gewerkschaft erforderlich ist. Die Vertreter der Mitarbeitenden in der Kommission sind somit gegenüber allen kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verantwortlich, die Beschlüsse gelten für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängig von Mitgliedschaften in Gewerkschaften.
6. Gewährleistung der Koalitionsbildung und der Betätigung der Mitarbeiter in Gewerkschaften
Selbstverständlich können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des kirchlichen Dienstes in Ausübung ihrer Koalitionsfreiheit aber auch in Koalitionen zusammenschließen, diesen beitreten und sich in ihnen betätigen. Den Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern steht es frei, sich gewerkschaftlich oder verbandlich zu organisieren. Mitarbeitende im kirchlichen Dienst sind Mitglied bei ver.di, Marburger Bund, DBB, GEW und anderen Gewerkschaften.
7. Zugangsrecht von Gewerkschaften und Gewährleistung der Mitgliederwerbung
Die Koalitionen beziehungsweise Gewerkschaften sind ihrerseits berechtigt, innerhalb der kirchlichen Einrichtung für den Beitritt zu diesen Koalitionen zu werben, über ihre Aufgabe zu informieren sowie Koalitionsmitglieder zu betreuen.27
8. Gewährleistung der organisatorischen Einbindung von Gewerkschaften
In Reaktion auf die zwei richtungsweisenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 201228 ist auch die organisatorische Einbindung von Gewerkschaften in die Arbeitsrechtlichen Kommissionen des Dritten Weges gewährleistet.29 Im Bereich der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes können bis zu 3 von Gewerkschaften entsandte Vertreter auf der Mitarbeiterseite mitwirken. Die Dienstgeberseite erhält entsprechend bis zu 3 Ausgleichssitze. Ebenso können in der Zentralen Arbeitsrechtlichen Kommission (ZAK) und in den Kommissionen der verfassten Kirche jeweils bis zu 3 Sitze durch Gewerkschaften wahrgenommen werden. Gleichwohl gestaltet sich die seitens des Bundesarbeitsgerichts angestrebte Annäherung von Koalitionsfreiheit und Selbstbestimmungsrecht und die Zusammenarbeit in der Praxis als schwierig. Gewählte kirchliche Mitarbeitervertreter sollen mit Vertreterinnen und Vertretern der Gewerkschaften, die nur ihren Mitgliedern und ihren Gremien verpflichtet sind, die Mitarbeiterbank bilden. Dies kann die Kommissionsarbeit behindern oder auch die Mitarbeiterbank schwächen, wenn etwa qualifizierte Mehrheiten benötigt oder von der Mitarbeiterseite der Vermittlungsausschuss angerufen werden soll. Kirchlicherseits wird die Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Kirche zur Gestaltung der sozialen Ordnung ihres Dienstes und der Respekt vor der Eigenart des kirchlichen Dienstes von den Gewerkschaften erwartet. Ver.di lehnt eine Mitarbeit in den katholischen Kommissionen ab, der Marburger Bund hat beschlossen, ebenfalls nicht mehr mitzuwirken. Gleichwohl bleiben sie aufgefordert, sich in die Tarifarbeit der Kommissionen durch Wahrnehmung der Sitze einzubringen.
9. Vermittlungsverfahren anstelle von Streik und Aussperrung
Was passiert nun, wenn in einer Arbeitsrechtlichen Kommission zunächst kein Ergebnis erzielt wurde? Wegen des aus dem spezifisch religiösen Sendungsauftrag folgenden Anspruchs einer friedlichen Ergebnisfindung scheiden Streik und Aussperrung als Kampfmaßnahmen im System des Dritten Weges aus. Sie würden nicht etwa nur den kirchlichen Dienst am Nächsten und die Auftragserfüllung in den übrigen Tätigkeitsfeldern suspendieren, sondern auch die am Sendungsauftrag ausgerichtete Gemeinsamkeit von Mitarbeitenden und Dienstgebern gefährden oder auflösen. Streik und Aussperrung fallen aber nicht ersatzlos weg.
An ihre Stelle tritt im Dritten Weg ein Vermittlungsverfahren mit zwei Vorsitzenden. Mindestens die Hälfte der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission kann, nach dem ein Antrag in der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht die erforderliche Mehrheit erreicht hat, den Vermittlungsausschuss zur Vorlage eines Vermittlungsvorschlags anrufen. Der Vermittlungsausschuss setzt sich unter Wahrung der Parität aus acht Personen zusammen beziehungsweise im Bereich der Caritas aus sechs oder im abschließend entscheidenden erweiterten Vermittlungsausschuss aus zehn Personen. Davon sind zwei Vorsitzende, jeweils ein Vorsitzender oder eine Vorsitzende von beiden Seiten. Die beiden Vorsitzenden sind kein Mitglied der betreffenden Arbeitsrechtlichen Kommission und dürfen bei keinem kirchlichen Rechtsträger oder vertretungsberechtigten Leitungsorgan im Geltungsbereich der Kommission tätig sein. Sie unterbreiten dem Vermittlungsausschuss einen gemeinsamen Vermittlungsvorschlag und haben bei der Abstimmung gemeinsam nur eine Stimme. Der Vermittlungsausschuss entscheidet mit Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder. Stimmt die Kommission dem Vermittlungsvorschlag nicht zu oder entscheidet sie nicht selbst in der Angelegenheit, kann mindestens die Hälfte der Mitglieder der Kommission erneut den Vermittlungsausschuss anrufen. Dieser kann dann auch einen Spruch fällen, der den nicht zustande gekommenen Kommissionsbeschluss ersetzt. Durch diese „Zwangsschlichtung“ werden Ergebnisse auch ohne Streik und Aussperrung erzielt. Das Vermittlungsverfahren führt im Streitfall auch zu weiterführenden Ergebnissen. So hat der Vermittlungsausschuss der Zentralen Arbeitsrechtlichen Kommission am 22. Januar 2024 eine verbindliche Entscheidung zur Gesamtregelung von befristeten Dienstverhältnissen – sachgrundlose Befristungen wie Befristungen mit Sachgrund – im katholischen Bereich getroffen, die zum 01. Juni 2024 in allen (Erz-)Diözesen und im Bereich der Caritas in Kraft tritt.30 Mit dem Vermittlungsspruch ist inhaltlich eine Änderung erreicht worden, über die im staatlichen Recht noch gerungen wird. So sind etwa nach geltendem staatlichem Recht sachgrundlose Befristungen bis zur Dauer von 24 Monaten (zwei Jahren) möglich, während im katholischen Bereich nun künftig Befristungen ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes grundsätzlich unzulässig und nur in bestimmten Ausnahmefällen bis zur Dauer von 12 beziehungsweise 21 Monaten erlaubt sind. Mit Sachgrund dürfen Arbeitsverträge im Dritten Weg künftig längstens für sechs Jahre befristet werden, innerhalb dieses Zeitraums sind maximal zwölf Verlängerungen zulässig. Das staatliche Recht ermöglicht hingegen eine Befristung von Arbeitsverträgen mit Sachgrund von bis zu zehn Jahren. Derzeit befinden sich zudem weitere Änderungsüberlegungen zur Optimierung des Vermittlungsverfahrens im kirchlichen Gesetzgebungsverfahren. Diese sollen noch besser als bisher gewährleisten, dass das Vermittlungsverfahren in jedem Stadium weiter betrieben werden kann und mit einer Entscheidung endet.
10. Drittbezogener Personaleinsatz in kirchlichen Einrichtungen
Die Ausrichtung am Leitbild der Dienstgemeinschaft hat noch weitere Konsequenzen. So haben der katholische Arbeitsgerichtshof und der evangelische Kirchengerichtshof festgestellt, dass ein drittbezogener Personaleinsatz wie etwa der Einsatz von Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen das Leitbild einer kirchlichen Dienstgemeinschaft als Grundprinzip des kirchlichen Dienstes nicht in Frage stellen darf.31 Kirchliche Dienstgeber sind damit im Dritten Weg nicht völlig frei darin zu entscheiden, welche Leistungen extern vergeben werden.
11. Gewährleistung von Kirchenklauseln
Der Dritte Weg ist verfassungsrechtlich gewährleistet und höchstrichterlich bestätigt, auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2012 sei nochmals hingewiesen. Dies bedeutet aber auch: sieht der Gesetzgeber Tariföffnungsklauseln für Tarifvertragsparteien vor, so besteht – wie dies auch in vielen Gesetzen der Fall ist – kirchlicherseits im Grundsatz die Erwartung, diese Möglichkeit auch den paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommissionen der Kirchen zu gewähren. Dem steht die fehlende normative Wirkung der in den kirchlichen Kommissionen gefundenen Arbeitsrechtsregelungen nicht entgegen. Der kirchliche Dienstgeber hat diese Regelungen kraft kirchenrechtlicher und ggf. satzungsrechtlicher Verpflichtung anzuwenden32. Darauf hat auch das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich hingewiesen33.
III. Gute Ergebnisse im Dritten Weg
Der Dritte Weg der Kirchen zeigt – etwa auch trotz des Wettbewerbsdrucks im Sozial- und Gesundheitswesen – im Vergleich zu den nichtkirchlichen gemeinnützigen und privaten Trägern gute Ergebnisse.
1. Vergleichsweise gutes Lohnniveau
Das Lohnniveau, das im Bereich der katholischen Kirche im Dritten Weg ausgehandelt wird, ist vergleichsweise gut. Dies hat nicht zuletzt etwa auch die Konzertierte Aktion Pflege in der letzten Legislaturperiode gezeigt34. Danach liegen etwa die in kirchlichen Einrichtungen der Altenpflege gezahlten Löhne im Vergleich der Träger deutlich im oberen Bereich. Auch die vergleichsweise guten regional üblichen Entgeltniveaus in der Altenpflege nach dem noch jungen § 72 Absatz 3b iVm § 82c SGB XI, die einen Durchschnitt der Entlohnung entsprechend den in der Region geltenden Tarifvertragswerken und kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen darstellen, werden wesentlich durch die an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebundenen kirchlichen Pflege-Einrichtungen erreicht. Die kirchlichen Beschäftigten in der Altenpflege werden auch nicht niedriger vergütet als die Beschäftigten in der Krankenpflege, was der Koalitionsvertrag noch als Desiderat festhält.
Es ist richtig, dass die Praxis der Kommissionsarbeit auch geprägt ist von der Orientierung an durch Gewerkschaften verhandelte Leittarife wie etwa dem TVÖD. Die Kirche erkennt dabei an und wertschätzt nach der katholischen Soziallehre ausdrücklich die große Bedeutung von Sozialpartnerschaft und Gewerkschaften. Die Orientierung am TVÖD erfolgt nicht zuletzt angesichts der öffentlich-rechtlichen Verfasstheit der Kirche. Im System des Dritten Weges gelingt es so einerseits, diese Leittarife flächendeckend auch in Bereichen lebendig zu halten, aus denen sich die Kommunen in den letzten Jahrzehnten zurückgezogen haben. Andererseits können im System des Dritten Weges auch kirchenspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden und Anpassungen vorgenommen werden. So hat die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes im Jahr 2022 als erster Wohlfahrtsverband etwa die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie für ihre Beschäftigten beschlossen. Die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas enthalten beispielsweise bisher als einziges Tarifwerk im Bereich der Wohlfahrtspflege auch eine Regelung für die Vergütung von Studierenden in praxisintegrierten dualen Studiengängen, etwa für hochschulisch ausgebildete Pflegefachkräfte. Die Regelung zur Vergütung von Lehrkräften in den Gesundheitsberufen („Pflegelehrkräfte“) in Anlage 21a war 2015 die erste ihrer Art und Blaupause für Regelungen in anderen Tarifwerken. Passgenaue Tätigkeitsmerkmale für Wohn- und Pflegedienstleitungen in ambulanten Pflegediensten und stationären Einrichtungen der Altenhilfe ermöglichen eine gute Eingruppierung der knapp gewordenen Führungskräfte im Bereich der Altenhilfe.
2. Regelhafte Betriebliche Altersversorgung
Ferner erhalten alle, mithin 100 Prozent der kirchlichen Beschäftigten im System des Dritten Wegs durchweg eine weitestgehend arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung, was außerhalb des kirchlichen und staatlichen Bereichs seinesgleichen sucht und aus der Perspektive der Einrichtungsträger auch nicht immer leicht zu stemmen ist. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 besaßen laut Statistischem Bundesamt nur etwa 54 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland eine aktive betriebliche Altersversorgungs-Anwartschaft35.
3. Quasi hundertprozentige Tarifbindung kirchlicher Einrichtungen
Damit kommen wir zu einem weiteren wesentlichen Merkmal des Dritten Weges. Über den Dritten Weg wird eine quasi hundertprozentige Tarifbindung kirchlicher Einrichtungen gewährleistet, die insbesondere auch die vielen kleineren und mittleren kirchlichen Einrichtungen erfasst. Im verfasst-kirchlichen Bereich gibt es in der katholischen Kirche allein rund 9.600 Pfarreien und sonstige Seelsorgeeinheiten36 sowie in 27 (Erz-)Diözesen und auf Ebene der Bischofskonferenz Verwaltungseinheiten sowie im Bereich der Caritas etwa 6200 Rechtsträger mit rund 25.000 Diensten und Einrichtungen37, die im System des Dritten Weges eingebunden werden. Erfasst werden damit insgesamt mehr als 900.000 Beschäftigte. Demgegenüber zeigt die Entwicklung der Tarifverträge im nichtkirchlichen Bereich einen Rückgang der Tarifbindung. Nach dem Statistischen Bundesamt bestand im Jahr 2022 für 48 Prozent der Beschäftigten im Westen und 55 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Osten keine tarifvertragliche Bindung38.
IV. Fazit
Der Dritte Weg ist angesichts der religiösen Dimension des kirchlichen Dienstes und vor dem Hintergrund seiner verfassungsrechtlichen Gewährleistung ein angemessenes und funktionierendes System zur Regelung der Arbeitsbedingungen im kirchlichen Dienst. Dies schließt natürlich die Arbeit der Dienstgeber und Mitarbeiterseite wie auch des kirchlichen Gesetzgebers an einer stetigen Verbesserung seiner Ausgestaltung ausdrücklich ein. Dass dies geschieht, zeigen nicht nur die vergangenen Reformen und kirchlichen Gesetzgebungsverfahren, sondern auch die ständige Arbeit in den Kommissionen des Dritten Weges. Berechtigte Anliegen und Hinweise werden sorgsam geprüft. Es ist ferner deutlich geworden: Im Dritten Weg werden für rund 900.000 Beschäftigte im Bereich der katholischen Kirche mit einem vergleichsweise hohen Lohnniveau, einer quasi hundertprozentigen Tarifbindung und durchgängig gewährleisteten betrieblichen Altersversorgung gute Ergebnisse erzielt, die außerhalb des Dritten Wegs im freigemeinnützigen und privaten Sektor nicht vorzufinden sind. Dies sollte im Sinne der Beschäftigten daher auch ausdrücklich nicht gefährdet werden. Stattdessen sollte das gemeinsame Bemühen darauf gerichtet sein, insgesamt für gute Arbeitsbedingungen und eine hohe Tarifbindung in unserer Gesellschaft eintreten.
C. Betriebliche Mitbestimmung im katholischen Arbeitsrecht – Unternehmensmitbestimmung
Die fehlende Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes für die Kirchen und ihre Einrichtungen ist ebenfalls Gegenstand der Kritik. Gefordert wird vor allem von Seiten der Gewerkschaften die Streichung der Bereichsausnahme für kirchliche Einrichtungen in privater Rechtsform in § 118 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz und für öffentlich-rechtlich verfasste kirchliche Einrichtungen in § 1 Absatz 2 Bundespersonalvertretungsgesetz beziehungsweise entsprechend in den Landespersonalvertretungsgesetzen. Dabei wird in gewisser Weise ein „kleines Zugeständnis“ gemacht. Nach dem Ver.di – Vorschlag soll das Betriebsverfassungsgesetz auch für die Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen gelten, Mitbestimmungsrechte sollen aber bei „verkündungsnahen“ Tätigkeiten keine Anwendung finden. Nur Mitwirkungs- und Beratungsrechte sollen bei „verkündungsnahen“ Tätigkeiten unberührt bleiben.39
I. Verfassungsrechtliche Gewährleistung der Gestaltung der kirchlichen Mitbestimmungsordnung
Dabei geht – wie oben einleitend ausgeführt – die Unterscheidung zwischen verkündigungsnahen und verkündigungsfernen Bereichen kirchlicher Tätigkeit fehl. Die tätige Nächstenliebe – also die Caritas – ist aus theologischer Sicht für die Erfüllung des kirchlichen Sendungsauftrags nicht weniger bedeutend als die Verkündigung von Gottes Wort oder die Feier des Gottesdienstes, das Tatzeugnis steht nicht hinter der Wortverkündigung zurück. Es wird also in gleicher Weise von der korporativen Religionsfreiheit und dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht umfasst.40 Der Vorschlag von Ver.di entspricht daher schon insoweit nicht den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen gemäß Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 WRV.
Den Kirchen ist als Teil des Selbstbestimmungsrechts auch die Gestaltung ihrer Mitbestimmungsordnung verfassungsrechtlich garantiert. Die Ausklammerung der Religionsgemeinschaften und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform aus dem Geltungsbereich des staatlichen Mitbestimmungs-, Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrechts beruht auf der staatskirchenrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht hat in der sogenannten Goch – Entscheidung aus dem Jahr 1977 in seinem Leitsatz 2 ausgeführt: „Das Betriebsverfassungsgesetz selbst erweist sich, indem es zugunsten der Religionsgemeinschaften und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform in § 118 Absatz 2 einen ausdrücklichen Vorbehalt macht, nicht als ein für alle geltendes Gesetz. Es nimmt vielmehr mit diesem Vorbehalt auf das verfassungsrechtlich Gebotene Rücksicht“.41 Das Bundesverfassungsgericht stellt heraus, dass das bestimmende Element der Tätigkeit des Wilhelm-Anton-Hospitals – also eines Krankenhauses – und der das Hospital tragenden Stiftung die religiöse Dimension ist und es bzw. die Stiftung angesichts ihrer Aufgabe und der organisatorischen Verbindung zur Katholischen Kirche als eine der Kirche zugeordnete Einrichtung zu qualifizieren ist, die darum Teil hat am verfassungsrechtlich garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. In Art. 140 GG iVm Art. 137 Absatz 3 WRV heißt es: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.“ Das Kirchliche Selbstbestimmungsrecht enthält also eine Regelungs- („ordnet“) und Verwaltungsbefugnis („verwaltet“)42. Aus alledem ergibt sich, so das Bundesverfassungsgericht, dass die Kirche „bestimmt, ob und in welcher Weise die Arbeitnehmer und ihre Vertretungsorgane in Angelegenheiten des Betriebs mitwirken und mitbestimmen“43. Nun wird eingewandt, dass diese Rechtsprechung bald 50 Jahre zurückliegt. Aber auch die jüngere Rechtsprechung – die noch nicht einmal 10 Jahre zurückliegende Entscheidung des BVerfG zum Chefarztfall, die auch ein Krankenhaus betraf, noch die keine 12 Jahre zurückliegende BAG Entscheidung zum Dritten Weg – lassen auch nur ansatzweise erkennen, dass ein kompletter Gegenstand kirchlicher Regelungsbefugnis im kollektiven Arbeitsrecht entfallen oder Teile kirchlicher Grundvollzüge wie etwa die tätige Nächstenliebe aus dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht herausgebrochen werden könnten.
Dafür gibt es auch keinen Grund. Die jüngste Grundordnungsänderung stellt nochmals deutlich heraus, dass es der Kirche um die religiöse Dimension ihrer Dienste und Einrichtungen geht. Sie sind der Erfüllung des religiösen Sendungsauftrags verpflichtet, Dienstgeber wie Mitarbeitende arbeiten als Dienstgemeinschaft gemeinsam daran, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag erfüllen kann. Unerlässlich ist, so die neue Grundordnung, dass das christliche Profil der Einrichtung „nicht nur in Leitbildern und Konzepten verankert ist, sondern auch als christliche Kultur in den Einrichtungen von Leitung und Mitarbeiterschaft mitgestaltet, von allen mit Leben gefüllt und für die Menschen, die kirchliche Angebote wahrnehmen, erfahrbar wird“ (Artikel 3 Absatz 4 GrO).44 In der Folge finden derzeit intensiv auf unterschiedlichen Ebenen von Dienstgeber- bzw. Einrichtungsebene und Mitarbeiterschaft gestaltete Prozesse zur Stärkung des christlichen Profils der katholischen Einrichtungen – nach innen wie nach außen – statt.
II. Katholisches Mitbestimmungsrecht – Grundlagen und Verfahren
Von ihrer Regelungsbefugnis im Mitbestimmungsbereich hat die Kirche seit langem Gebrauch gemacht und das Wie der Mitbestimmung an der spezifisch religiösen Dimension ihres Wirkens ausgerichtet, das sich eben auch im Organisatorischen niederschlägt. Die Grundordnung bestimmt entsprechend in Artikel 8 Absatz 1, dass „zur Sicherung ihrer Selbstbestimmung in der Arbeitsorganisation kirchlicher Einrichtungen die Mitarbeitenden nach Maßgabe kirchengesetzlicher Regelung Mitarbeitervertretungen wählen, die an Entscheidungen des Dienstgebers beteiligt werden und die mit den Dienstgebern zum Wohl der Einrichtung und der Dienstnehmer zusammenwirken.“ Absatz 2 stellt heraus, dass der Dienst in der Kirche Dienstgeber und Mitarbeitervertretung in besonderer Weise verpflichtet, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und sich bei der Erfüllung der Aufgaben gegenseitig zu unterstützen. Das Mitarbeitervertretungsrecht wird näherhin in der Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung (kurz Rahmen-MAVO) und die daran anknüpfenden, vom (Erz-)Bischof in jeder (Erz-)Diözese in Kraft gesetzten diözesanen Mitarbeitervertretungsordnungen (kurz MAVO) geregelt. Das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht entspricht im Wesentlichen dem weltlichen Mitbestimmungsniveau der einzelnen Personalvertretungsgesetze und des Betriebsverfassungsgesetzes. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages ist in seiner Ausarbeitung von 2012 auch zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Dabei muss man wissen, dass sich das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht historisch in den ersten 20 bis 30 Jahren ganz überwiegend am Personalvertretungsrecht des öffentlichen Dienstes ausgerichtet hat. Die maßgebliche Bezugsgröße war nicht das Mitbestimmungsrecht der Privatwirtschaft, sondern das Personalvertretungsrecht. Diese inhaltliche Ausrichtung kann man teilweise am Aufbau des Gesetzes und an den gewählten Formulierungen nachzeichnen, die teilweise wörtliche Übernahmen der Mitbestimmungstatbestände insbesondere des Bundespersonalvertretungsrechts enthalten. Gründe für die Nähe zum Mitbestimmungsrecht des öffentlichen Dienstes sind die öffentlich-rechtliche Rechtsform der (Erz-)Bistümer, des Verbandes der Diözesen Deutschlands und auch der Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts und Träger vieler Einrichtungen. Als der Kirche zugeordnete Einrichtungen sind auch die kirchlich-karitativen Einrichtungen nach kirchlichem Selbstverständnis stärker am öffentlichen Dienst als an der Privatwirtschaft orientiert – was sich bis heute auch an der tariflichen Orientierung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes am TVÖD zeigt. Erst der Rückzug der Kommunen aus Teilen des Sozial- und Gesundheitsbereichs ab Mitte der 90er Jahre, der Abschied vom Kostendeckungsprinzip und die mittlerweile vergleichsweise großen Anteile der Privatwirtschaft im Sozial- und Gesundheitswesen mit der Betonung des Wettbewerbsgedankens lassen im Mitbestimmungsbereich das Betriebsverfassungsgesetz als Bezugsrahmen stärker ins Blickfeld rücken. Festhalten dürfen wir aber, dass auch das Personalvertretungsrecht ein wenn auch anderes, aber gleichwertiges Mitbestimmungsrecht ist. Aufgrund dieser sich über Jahrzehnte erstreckenden Entwicklung besteht das katholische Mitarbeitervertretungsrecht heute aus spezifisch kirchlichen Elementen, die aus der religiösen Dimension ihres Auftrags folgen, wie aus Elementen des Personalvertretungsrechts und des Betriebsverfassungsgesetzes.
§ 6 der Rahmen-MAVO45 bestimmt, dass die Bildung einer Mitarbeitervertretung in einer Einrichtung voraussetzt, dass mindestens fünf Wahlberechtigte beschäftigt werden, von denen mindestens drei wählbar sind. Dabei sind nach § 7 alle Mitarbeitenden wahlberechtigt, die seit mindestens sechs Monaten ohne Unterbrechung in einer Einrichtung desselben Dienstgebers tätig sind. Auf die Religionszugehörigkeit des/der Beschäftigten kommt es nicht an. Dies gilt nach der Rahmen MAVO im Grundsatz auch in Bezug auf das passive Wahlrecht. Wählbar sind nach § 8 die wahlberechtigten Mitarbeitenden, die am Wahltag seit mindestens einem Jahr im kirchlichen Dienst stehen, davon mindestens seit sechs Monaten in einer Einrichtung desselben Dienstgebers.46
III. Sehr hohe Mitarbeitervertretungsdichte im kirchlichen Bereich
Während die Betriebs- beziehungsweise Personalratsdichte in nichtkirchlichen Einrichtungen laut IAB-Betriebspanel 2022 in Betrieben zwischen 5 bis 20 Mitarbeitenden bei unter 8 Prozent, bei 21-50 Beschäftigten bei lediglich 16 Prozent, in Betrieben zwischen 51-100 Mitarbeitenden bei nur 32 Prozent sowie erst in Betrieben über 100 Mitarbeitenden zwischen 50 und 77 Prozent liegt47, liegt der Deckungsgrad im Geltungsbereich der katholischen Mitarbeitervertretungsordnungen auch bei kleinen und mittleren Einrichtungen bei ca. 90 Prozent. Dabei haben 73,7 Prozent der ca. 6200 Caritas – Rechtsträger weniger als 50 Mitarbeitende. Der Deckungsgrad an Mitarbeitervertretungen im kirchlichen Bereich liegt damit weit über dem derzeitigen Niveau in nicht-kirchlichen Einrichtungen. Die hohe Mitarbeitervertretungsdichte im katholischen Bereich hängt wesentlich auch damit zusammen, dass der kirchliche Dienstgeber als Ausdruck des gemeinsamen Sendungsauftrags und des Dienstgemeinschaftsgedankens die Bildung einer Mitarbeitervertretung nicht nur ermöglichen muss, wie etwa nach dem weltlichen Betriebsverfassungsgesetz; der kirchliche Dienstgeber ist vielmehr verpflichtet, auf die Bildung von Mitarbeitervertretungen hinzuwirken. Dies wird bereits in der Grundordnung in Artikel 8 Absatz 3 bestimmt, wo es heißt: „Bei jeder die Mindestgröße erfüllenden Einrichtung ist der Dienstgeber verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass eine Mitarbeitervertretung gebildet wird.“48
IV. Zudem: Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen auf Bundes- und diözesaner Ebene
Als weitere Besonderheit des katholischen Mitarbeitervertretungsrechts sieht die Grundordnung zudem in Artikel 8 Absatz 3 zur Förderung und Unterstützung der Arbeit der Mitarbeitervertretungen auf Einrichtungsebene die Bildung von Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen auf Ebene der (Erz-)Diözesen beziehungsweise des Verbandes der Diözesen Deutschlands vor. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (BAG MAV) wie die diözesanen Arbeitsgemeinschaften fördern und unterstützen die Mitarbeitervertretungen in allen kirchlichen Einrichtungen, also im caritativen Bereich genauso wie etwa im pastoralen und liturgischen Bereich wie in der Verwaltung.
V. Zustimmungsverweigerungsrecht der Mitarbeitervertretung zur Verhinderung dauerhafter und substituierender Leiharbeit
Die Rahmen-MAVO enthält auch Mitbestimmungsrechte, die das staatliche Mitbestimmungsrecht nicht kennt: So hat die Mitarbeitervertretung zur Verhinderung dauerhafter und substituierender Leiharbeit ein Zustimmungsverweigerungsrecht bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern, wenn diese länger als sechs Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden sollen (§ 34 Absatz 2 Nr. 349). Damit können die Mitarbeitervertretungen vor Ort auch auf diese Weise dauerhafte und substituierende Leiharbeit wirksam verhindern.
VI. Novellierung der Rahmen-MAVO
Derzeit arbeitet eine Arbeitsgruppe zudem an einer Novellierung der Rahmen-MAVO.
1. Arbeitsgruppe mit unmittelbarer Beteiligung von Mitarbeiter- und Einrichtungsvertretern
In der Arbeitsgruppe wirken unter anderem auch Vertreter der BAG MAV und die Dienstgeberseite beziehungsweise kirchliche Einrichtungsvertreter unmittelbar mit. Die Arbeitsgruppe hat sich im Mai 2023 auf Basis der zum 01. September 2022 in Kraft getretenen neuen „Ordnung über das Zustandekommen arbeitsrechtlicher Regelungen auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz“ (abgekürzt OZAR)50 konstituiert und plant im Laufe des Jahres 2024 erste Zwischenergebnisse vorzulegen, die dann in einen Entwurf münden, dem sich ein breites kirchliches Anhörungsverfahren und die Verabschiedung durch die Bischöfe anschließt.
Mit der Erarbeitung des Entwurfs durch die Arbeitsgruppe bei direkter Mitwirkung von Vertretern der Mitarbeitervertretung sowie von Einrichtungsvertretern wird das demokratische Element bei katholischen Gesetzgebungsverfahren gestärkt. Die Betroffenen wirken also an der Entstehung des Entwurfs unmittelbar mit. Dabei konnte die BAG MAV über die Strukturen der Diözesanen Arbeitsgemeinschaften jeder Mitarbeitervertretung die Möglichkeit geben, konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Rahmen – MAVO einzubringen. Diese Vorschläge wurden anschließend im Rahmen einer Mitgliederversammlung der BAG-MAV beraten und in einem gemeinsamen Forderungskatalog gebündelt, der in die Beratungen der Arbeitsgruppe eingebracht wird. Insgesamt hat sich die Arbeitsgruppe eine intensive Befassung mit allen Anliegen vorgenommen, die an das katholische Mitbestimmungsrecht von innen wie von außen herangetragen werden. Dies ist bereits durch die aufgrund des neuen OZAR-Verfahrens erreichte unmittelbare Mitwirkung der Betroffenen gewährleistet. Dabei werden selbstverständlich auch die im Rahmen des Dialogprozesses geführten Gespräche zum Prüfauftrag zum kirchlichen Arbeitsrecht aus dem Koalitionsvertrag einbezogen. Die Arbeitsgruppe prüft zum Beispiel die Ausgestaltung der Mitwirkungstatbestände ebenso nochmals wie die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitervertretungen.
2. Unternehmensmitbestimmung
Auch das Thema Unternehmensmitbestimmung steht auf der Agenda der Arbeitsgruppe. Die dahingehenden Überlegungen sind nicht völlig neu. Bei der letzten Novelle der Rahmen-MAVO 2017 wurde als erster Schritt der Wirtschaftsausschuss eingeführt. Dieser erweitert die Mitwirkungsrechte der Mitarbeitervertretung in wirtschaftlichen Angelegenheiten.
In den bischöflichen Erläuterungen zur Grundordnung des kirchlichen Dienstes von November 2022 ist nun ein Prüfauftrag hinsichtlich der Unternehmensmitbestimmung enthalten. So heißt es in den Bischöflichen Erläuterungen zum kirchlichen Dienst, einer Interpretationshilfe der Bischöfe zur neuen Grundordnung: „Obwohl die Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen vom weltlichen Unternehmensmitbestimmungsrecht ausdrücklich ausgenommen sind, wird zu prüfen sein, ob und inwieweit Mitarbeitende im kirchlichen Dienst unter Berücksichtigung der besonderen kirchlichen Aspekte und in der vom kirchlichen Selbstverständnis gebotenen Form wirtschaftliche und unternehmerische Entscheidungen mitbeeinflussen und an der Aufsicht über kirchliche Unternehmen teilhaben können.“51 Der Dienstgemeinschaftsgedanke zeichnet sich durch gemeinsames Gestalten und gemeinsames Verantworten aller Beteiligten aus. Dieser Partizipationsgedanke legt eine Beteiligung der Mitarbeitenden in wirtschaftlichen Angelegenheiten grundsätzlich nahe. Dabei wird die Arbeitsgruppe sicher auch erörtern, welcher kirchenspezifischer Elemente es vor dem Hintergrund des religiösen Auftrags im Fall einer Einführung einer Unternehmensmitbestimmung bedarf. Die BAG MAV hat bereits erste Überlegungen angestellt, wie eine solche Beteiligung aus Sicht der Mitarbeitenden aussehen sollte. Dabei muss man sich auch die Zahlen zu den Größen kirchlich-karitativer Einrichtungen vor Augen halten. Von den schon erwähnten ca. 6200 Caritas-Rechtsträgern haben lediglich 323 Caritas-Rechtsträger, mithin 5,21 Prozent, mehr als 500 Mitarbeitende und 49 Caritas-Rechtsträger mehr als 2000 Mitarbeitende, was 0,79 Prozent entspricht. 94 Prozent der karitativen Einrichtungen haben mithin 500 und weniger Beschäftigte.
Das staatliche Recht sieht eine paritätische Unternehmensmitbestimmung für Kapitalgesellschaften mit mindestens 2000 Beschäftigten in Deutschland vor (siehe § 1 Absatz 1 MitbestimmungsG). Nach dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) ist in einer Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genossenschaft und einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit grundsätzlich ein mitbestimmter Aufsichtsrat, der zu einem Drittel aus Arbeitnehmer-Vertretern besteht einzurichten, wenn das Unternehmen in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt (siehe § 1 Absatz 1 DrittelbG). Beide Gesetze finden nach geltendem Recht nicht nur keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen, sondern auch nicht auf unmittelbar und überwiegend politisch, koalitionspolitisch, konfessionell, karitativ, erzieherisch, wissenschaftlich oder künstlerisch tätige Unternehmen. Auch Unternehmen, die Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen, auf die Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes anzuwenden ist, sind ausgenommen.52
Die Einführung einer Unternehmensmitbestimmung schon im kirchlich-karitativen, gemeinnützigen Bereich wäre daher im Vergleich zum weltlichen Recht eine Neuerung.
VII. Fazit
Das kirchliche Mitbestimmungsrecht ist verfassungsrechtlich gewährleistet und höchstrichterlich bestätigt. Der kirchliche Gesetzgeber nimmt seine Regelungsbefugnis regelmäßig wahr. Dabei entspricht das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht im Wesentlichen dem weltlichen Mitbestimmungsniveau der einzelnen Personalvertretungsgesetze und des Betriebsverfassungsgesetzes. Eine alleinige Orientierung am Betriebsverfassungsgesetz geht schon aufgrund der sich über Jahrzehnte erstreckenden Entwicklung fehl, auch das Personalvertretungsrecht ist ein, wenn auch anderes, aber gleichwertiges Mitbestimmungsrecht. Das katholische Mitarbeitervertretungsrecht besteht heute aus spezifisch kirchlichen Elementen, die aus der religiösen Dimension ihres Auftrags folgen, wie aus Elementen des Personalvertretungsrechts und des Betriebsverfassungsgesetzes. Der Deckungsgrad an Mitarbeitervertretungen im kirchlichen Bereich liegt bei ca. 90 Prozent, die vielen kleinen und mittleren kirchlichen Einrichtungen eingeschlossen, und damit weit über dem derzeitigen Niveau in nicht-kirchlichen Einrichtungen. Dies auch deshalb, weil der kirchliche Dienstgeber als Ausdruck des gemeinsamen Sendungsauftrags und des Dienstgemeinschaftsgedankens verpflichtet ist, auf die Bildung von Mitarbeitervertretungen hinzuwirken. Eine Abschaffung des kirchlichen Mitbestimmungsrechts dürfte damit – neben den verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – auch eine Schwächung betrieblicher Mitbestimmung in kirchlichen Einrichtungen zur Folge haben. Das katholische Mitbestimmungsrecht kennt ferner weitere Besonderheiten wie etwa Arbeitsgemeinschaften auf Bundes- und diözesaner Ebene zur Unterstützung und Förderung der betrieblichen Mitbestimmung in den Einrichtungen oder ein Zustimmungsverweigerungsrecht der Mitarbeitervertretung zur Verhinderung dauerhafter und substituierender Leiharbeit. Derzeit findet mit der anstehenden Novellierung der Rahmen-MAVO eine weitere Überprüfung des katholischen Mitbestimmungsrechts statt. Dabei ist schon durch die Beteiligung der Mitarbeiter- wie der Einrichtungsseite an der Entstehung des Entwurfs eine intensive Befassung mit Anliegen gewährleistet, die an das katholische Mitbestimmungsrecht von innen wie von außen – also auch im Rahmen des Dialogprozesses zum Prüfauftrag – herangetragen wurden und werden. Das jedenfalls hat sich die Arbeitsgruppe auch vorgenommen.
Berlin, Bonn, Freiburg, 18.04.2024
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__________________________________
1 Der richtige Terminus für den Bereich der Religion ist „Verkündigung“.
2 Abrufbar unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD-Arbeitsrecht/Grundordnung-des-kirchlichen-Dienstes-22.-November-2022.pdf.
3 BVerfGE 137, 273, Rz 103.
4 Das Bundesverfassungsgericht hat die Kündigung vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen und auf der Grundlage der seinerzeit geltenden Grundordnung im Jahr 2014 als verfassungsgemäß beurteilt, s. BVerfGE 137, 237 (s.o. Fn 3).
5 Vgl. oben Fn 2.
6 Vgl. Artikel 2 Absatz 2 und Artikel 3 Absatz 2 GrO.
7 Vgl. Artikel 7 Absatz 3 GrO.
8 Vgl. Artikel 7 Absatz 4 und Artikel 6 Absatz 5 GO.
9 Vgl. https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bag-anerkenntnis-hebamme-darf-trotz-kirchenaustritts-weiterarbeiten.
10 Abrufbar unter https://www.bundesarbeitsgericht.de/wp-content/uploads/2021/01/8-AZR-501-14.pdf.
11 Siehe EuGH, Urteil vom 17. April 2018 – C-414/16 – Egenberger, Rz 50, abrufbar unterhttps://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=201148&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=7708030.
12 EuGH a.a.O. Fn 11, Rz 61.
13 EuGH a.a.O. Fn 11, Rz 51.
14 Siehe BVerfGE 137, 273, Rz 125, 126.
15 Siehe das weitere Vorabentscheidungsverfahren zur Kündigung wegen eines Austritts aus der katholischen Kirche, mit dem das Bundesarbeitsgericht den EuGH um die Auslegung des Unionsrechts gebeten hat- BAG 2 AZR 196/22 (A) vom 01.02.2024, abrufbar unter https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/weiteres-vorabentscheidungsverfahren-zur-kuendigung-wegen-eines-austritts-aus-der-katholischen-kirche/
16 Siehe insoweit auch oben vor A. die einleitenden, grundsätzlichen Ausführungen zum kirchlichen Sendungsauftrag und den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen.
17 Abrufbar unter, siehe oben Fn 2.
18 Siehe Artikel 2 GrO.
19 S. § 7 der ZAK-Ordnung, abrufbar unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD-Arbeitsrecht/2022-11-22_ZAK-Ordnung.pdf .
20 Abrufbar unter siehe Fn 2.
21 Abrufbar unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD/RKODA_O-24-11-endg.pdf .
22 Vgl. § 20 Rahmen-KODA-Ordnung.
23 Abrufbar unter https://www.caritas.de/glossare/arbeitsrechtliche-kommission.
24 Siehe Artikel 9 Absatz 4 GrO, abrufbar unter siehe Fn 2.
25 Siehe Artikel 9 Absatz 5 GrO, abrufbar unter siehe Fn 2.
26 Vgl. etwa § 21 der Musterschlichtungsordnungen, abrufbar unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD-Arbeitsrecht/2022-11-22_Musterschlichtungsordnung_verfasste_Kirche.pdf sowie https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD-Arbeitsrecht/2022-11-22_Musterschlichtungsordnung_Caritas.pdf sowie https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD-Arbeitsrecht/2022-11-22_Musterschlichtungsordnung_Caritas-u.-verfasste_Kirche.pdf
27 Vgl. Artikel 10 Absatz 2 GrO.
28 Siehe BAG, Urteil vom 20. November 2012 – 1 AZR 179/11 (Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen – Dritter Weg), abrufbar unter https://www.bundesarbeitsgericht.de/wp-content/uploads/2021/01/1-AZR-179-11.pdf sowie BAG, Urteil vom 20. November 2012 – 1 AZR 611/11 (Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen – Zweiter Weg), abrufbar unter https://www.bundesarbeitsgericht.de/wp-content/uploads/2021/01/1-AZR-611-11.pdf. Das Bundesverfassungsgericht hat die von ver.di gegen die Entscheidung des BAG erhobene Verfassungsbeschwerde als unzulässig verworfen, siehe BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2016 – 2 BvR 2292/13, abrufbar unter https://www.bverfg.de/e/rs20150715_2bvr229213.html
29 Siehe Artikel 10 Absatz 3 GrO.
30 Siehe näherhin die ersetzende Entscheidung des Vermittlungsausschusses der ZAK vom 22. Januar 2024 „Gesamtregelung zur Befristung“, abrufbar unter https://zak-mas.de/beschluesse/139-gesamtregelung-zur-befristung-ersetzende-entscheidung-des-vermittlungsausschusses-der-zak-vom-22-januar-2024 oder unter https://caritas-dienstgeber.de/fileadmin/Beschluesse/ZAK/Ersetzende_Entscheidung_Gesamtregelung_zur_Befristung_vom_22.01.2024_final.pdf.
31 Kirchlicher Arbeitsgerichtshof, Beschluss vom 07. Juni 2013 – M 22/12 – www.dbk.de; KGH. EKD, Beschluss vom 09. Oktober 2006, II-0124/M35-06 und KGH.EKD Beschluss vom 25.08.2014, II-0124/W10-14, www.kirchenrecht-ekd.de
32 Siehe dazu auch oben die Ausführungen unter II 3. Verbindlichkeit der Beschlüsse.
33 BAG, Urteil vom 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, Rz 107.
34 Veröffentlicht unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/konzertierte-aktion-pflege.html, siehe den Vereinbarungstext der Arbeitsgruppe 5 und die dazugehörigen Anlagen 1 bis 3 der Konzertierten Aktion Pflege.
35 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/628992/umfrage/verbreitungsquote-der-betrieblichen-altersversorgung-in-deutschland/
36 Vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/200012/umfrage/pfarreien-und-katholische-seelsorgestellen/
37 Vgl. die Statistik der katholischen sozialen Einrichtungen und Dienste der Caritas: https://www2.caritas-statistik.de/cms/contents/caritas-statistik.de/medien/dokumente/zentralstatistik/zentralstatistik-dok2/zs2018_dokumentation.pdf?d=a sowie https://www.caritas.de/fuerprofis/arbeitenbeidercaritas/arbeitgebercaritas/caritasalsarbeitgeber.aspx
38 https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-5/tarifbindung-arbeitnehmer.html
39 Siehe die Broschüre von ver.di „Mitbestimmungsrechte stärken – Gleiches Recht für kirchliche Beschäftigte“, abrufbar unter https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/kirchliche-betriebe/++co++431f1746-6748-11ee-93d5-001a4a160100.
40 Siehe oben vor A. die einleitenden, grundsätzlichen Ausführungen zum kirchlichen Sendungsauftrag und den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen.
41 BVerfGE 42, 73f.
42 Siehe Artikel 140 GG iVm Artikel 137 Absatz 3 Satz 1WRV: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.“ Der Begriff „kirchliches Selbstbestimmungsrecht“ ist der Oberbegriff und umfasst das verfassungsrechtlich gewährleistete kirchliche Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht.
43 BVerfGE 42, 73 (94)
44Abrufbar unter siehe oben Fn 2.
45 Abrufbar unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD/DB_95B-Rahmen-MAVO-2017-06-19_2019-02-20.pdf.
46 Abrufbar unter siehe Fn 45. Die Rahmen MAVO sieht zwar in § 14 Absatz 1 Satz 2 als Soll-Vorschrift noch vor, dass der oder die Vorsitzende katholisch sein soll. In der Praxis hat sich diese Vorschrift als Regel-Ausnahme Bestimmung aber schon nicht durchgesetzt. Im Rahmen der anstehenden Novellierung der Rahmen-MAVO (siehe die Ausführungen dazu unten unter VI. ist beabsichtigt, die Vorschrift an die neue Grundordnung anzupassen und die Soll-Vorschrift aufzugeben. In der Folge dürften auch jene vereinzelten Ordnungen auf Ebene der Diözesen angepasst werden, die noch für den Vorsitzenden und die Stellvertretung die Anforderung der Katholizität kennen.
47 Siehe https://www.iab-forum.de/tarifbindung-und-mitbestimmung-keine-trendumkehr-in-sicht/ , mit Link am Ende des Beitrags unter vertiefende Informationen zu ausführlichen Tabellen zur Entwicklung der Tarifbindung und betrieblichen Interessenvertretung auf der IAB-Website.
48 Abrufbar unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD-Arbeitsrecht/Grundordnung-des-kirchlichen-Dienstes-22.-November-2022.pdf;
49 Abrufbar unter siehe Fn 45.
50 Abrufbar unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD-Arbeitsrecht/2022-06-21_Ordnung-ueber-das-Zustandekommen-arbeitsrechtlicher-Regelungen.pdf.
51 Siehe Bischöfliche Erläuterungen zum kirchlichen Dienst, IX. 3. Satz 3, abrufbar unterhttps://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD-Arbeitsrecht/2022-11-22_Bischoefliche-Erlaeuterungen-zum-kirchlichen-Dienst.pdf
52 Siehe § 1 Absatz 3 MitbestimmungsG und § 1 Absatz 2 DittelbG.