Vater mit Kind auf dem Arm schaut auf das Meer
Elternschaft
März 2023

Stellungnahme zum Vorschlag einer VO des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkenntung von Entscheidungen und die Annahme von Urkunden in Elternschaftssachen sowie zur Einführung eines europ. Elternschaftszertifikats

Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie die nachstehenden Anmerkungen zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung von Entscheidungen und die Annahme von Urkunden in Elternschaftssachen sowie zur Einführung eines europäischen Elternschaftszertifikats (VO-Entwurf) noch bei den derzeitig stattfindenden Beratungen des VO-Entwurfs im Rat der EU berücksichtigen würden.

Anders als bei früheren Verbändeanhörungen des BMJ ist das Kommissariat der deutschen Bischöfe an dem Anhörungsverfahren zum vorliegenden VO-Entwurf nicht beteiligt worden. Grund dafür dürfte nicht sein, dass das Kommissariat der deutschen Bischöfe nicht im Lobbyregister eingetragen ist. Denn das Kommissariat der deutschen Bischöfe ist von der Verpflichtung sich für eine Interessenvertretung ins Lobbyregister einzutragen aufgrund von § 2 Abs. 2 Nr. 12 Lobbyregistergesetz ausgenommen. Wir bitten dies zu berücksichtigen und das Kommissariat der deutschen Bischöfe in Zukunft wieder an Verbändeanhörungen zu beteiligen.

Im Hinblick auf den VO-Entwurf haben wir eine Anfrage zu Kapitel III, „Anzuwendendes Recht“ und hier insbesondere zu Art. 16 und Art. 17 VO-Entwurf. Wir haben die Sorge, dass die genannten Regelungen zu Wertungswidersprüchen mit geltenden nationalen Rechtsvorschriften führen. Hierzu möchten wir Folgendes ausführen:

1. Der Erwägungsgrund 2 des VO-Entwurfs erläutert, dass die Verordnung die Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat begründeten Elternschaft betrifft. Auf diese Weise soll eine von der Kommissionspräsidentin im Jahr 2020 vorgestellte Absicht der EU-Kommission umgesetzt werden. Diese will sicherstellen, „dass die in einem Mitgliedstaat begründete Elternschaft in allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt wird“ (vgl. Erwägungsgrund 12). 

Für uns stellt sich allerdings die Frage, ob der vorliegende VO-Entwurf nicht über diese Absicht hinausgeht und mit den Artikeln 16 und 17 VO-Entwurf eine vom geltenden Recht abweichende, neue Kollisionsnorm für das deutsche Abstammungsrecht begründet wird. Damit würde der VO-Entwurf neben der Anerkennung einer in einem Mitgliedstaat begründeten Elternschaft auch Regelungen bestimmen, die zur Begründung einer Elternschaft bei grenzüberschreitenden Sachverhalten herangezogen werden müssten. 

Art. 17 VO-Entwurf bestimmt, welches Recht für die Begrünung der Elternschaft anzuwenden ist. Demnach soll „für die Begrünung der Elternschaft in grenzüberschreitenden Situationen das Recht des Staates gelten, in dem die entbindende Person zum Zeitpunkt der Niederkunft ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat“ (vgl. Erwägungsgrund 51). Nach dem in Deutschland derzeit geltenden Art. 19 EGBGB knüpft die Bestimmung der Abstammung des Kindes in Fällen des internationalen Privatrechts hingegen an das Recht des Staates an, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergänzend kann nach dieser Vorschrift im Verhältnis zu jedem Elternteil die Abstammung nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Art. 17 VO-Entwurf wählt einen vom geltenden Recht abweichenden Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des anzuwendenden Rechts und würde mithin zu einer Rechtsänderung führen.

Wir sehen das Problem, dass die im VO-Entwurf vorgesehene Neuregelung in Fällen von Leihmutterschaft zu einer direkten Anwendung von ausländischen Rechtsvorschriften in Deutschland führen könnte, nach denen die gebärende Frau nicht die Mutter des Kindes ist. Ausländisches Recht, das Leihmutterschaft erlaubt und die Leihmütter nicht als rechtliche Mutter betrachtet, könnte über Art. 17 VO-Entwurf in Deutschland direkt zur Anwendung kommen, obwohl dies dem deutschen Recht widerspricht. § 1591 BGB bestimmt ausdrücklich: „Mutter des Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“ Nach dem Embryonenschutzgesetz ist die Ersatzmutterschaft (Leihmutterschaft) in Deutschland aus überzeugenden Gründen verboten. Die direkte Anwendung von Recht in Deutschland, das Leihmutterschaft erlaubt und regelt, erscheint uns daher problematisch. 

Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht aufgrund der vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze, nach denen eine im Ausland nach erfolgter Leihmutterschaft begründete Elternstellung gemäß § 108 FamFG anzuerkennen ist. Der Bundesgerichtshof lässt nicht jede ausländische Entscheidung hierfür ausreichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sie nur anerkannt werden, wenn es sich um eine ausländische Sachentscheidung z.B. eines Gerichts handelt, in der festgestellt wird, dass nicht die leibliche Mutter, sondern andere Personen rechtliche Eltern des Kindes sind. Eine bloße Registrierung oder Beurkundung der Elternstellung im Ausland soll als anerkennungsfähige Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG hingegen nicht ausreichen.

Die Koalition beabsichtigt zwar die rechtlichen Regeln der Fortpflanzungsmedizin in Deutschland zu überprüfen. Unseres Erachtens sollten aber keinesfalls, bevor ein entsprechender gesellschaftlicher Diskurs in Deutschland geführt wurde, über Kollisionsnormen Regelungen, die die Leihmutterschaft erlauben, in Deutschland zur Anwendung kommen. 

2. Unsere Bedenken gelten sowohl in Bezug auf gesetzliche Regelungen der Mitgliedstaaten als auch in Bezug auf gesetzliche Regelungen von Drittstatten. Artikel 16 VO- Entwurf sieht vor, dass das nach der Verordnung bezeichnete Recht auch dann anzuwenden ist, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedsstaates ist (vgl. Erwägungsgrund 53). In den Erwägungsgründen wird dieser „universelle Charakter“ des anzuwendenden Rechts damit begründet, dass die Verordnung für Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit sorgen soll, indem gemeinsame Regeln für das auf die Begründung der Elternschaft in grenzüberschreitenden Fällen anzuwendende Recht vorgeschlagen werden (Erwägungsgrund 50). Damit würde auch für Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, nicht nur das Abstammungsrecht von Mitgliedsstaaten, sondern auch von Drittstaaten zur Anwendung kommen. Dies schließt selbst das Recht von Drittstaaten ein, in denen Leihmutterschaft kommerziell betrieben wird. 

Für eine Berücksichtigung unserer Anmerkungen wären wir dankbar.

Stellungnahme
des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Katholisches Büro in Berlin
zum

Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung von Entscheidungen und die Annahme von Urkunden in Elternschaftssachen sowie zur Einführung eines europäischen Elternschaftszertifikats